Pflanzenheilkunde: Eine Reise durch die Zeiten
In allen Hochkulturen des Altertums entwickelten sich komplizierte Lehren um die
Verwendung, Mischung und Zubereitung von pflanzlichen Arzneien. Oft spielten auch
religiösspirituelle Momente eine große Rolle. So wurden Kräutertrunke, einreibungen und
salben oft nach streng vorgeschriebenen Ritualen zubereitet. Die günstigste Stellung der
Planeten am Himmel oder Zaubersprüche sollten die Wirkung der Kräutermedizin noch
zusätzlich unterstützen.
Zahlreiche Rezepturen wurden bis in unsere Zeit überliefert. Sie geben Einblick in die
Vorstellungswelt der "alten Weisen", die den Pflanzen Heil- und Zauberkräfte zusprachen.
Dennoch zeigen diese Manuskripte auch, dass das Potenzial vieler Pflanzen damals schon
richtig erkannt worden war und die entsprechende Pflanzenzubereitung durchaus auch ohne
"Hokuspokus" ihre Wirkung getan hätte.
Eines der ältesten erhaltenen Bücher über Heilpflanzen, das Chen Nong Bencao Jing, wurde
der Sage nach von Chen Nong, einem der drei mystischen chinesischen Kaisergötter
verfasst. In diesem Buch, das ca. 2800 v. d. Z. entstanden ist, sind 365 Heilpflanzen
angeführt, die der Verfasser alle im Eigenversuch erprobt haben will. Aber auch Ägypter,
Hebräer, Sumerer, Assyrer, Inder, Chinesen, Griechen und Römer beschäftigten sich
intensiv mit der "Kraft der Pflanzen".
So versuchten z. B. bereits die Heilkundigen im alten Ägypten die "Seele" der Pflanzen,
also ätherische Öle, zu extrahieren, indem sie das ätherische Öl der Blüten in fetten
Ölen lösten. Daraus stellten sie dann Salben, Pflaster, Zäpfchen und Pulver her. Auch in
der arabischen Medizin nahm (und nimmt) die Pflanzenheilkunde einen bedeutenden
Stellenwert ein.
Die Anwendung von Heilpflanzen zur Heilung, Kräftigung und Erhaltung der Gesundheit
wurde in Europa dann ab dem Mittelalter vornehmlich von christlichen Mönchen gepflegt.
In fast jedem Kloster legte man einen Kräutergarten und Aufzeichnungen über die
Heilwirkung der verschiedenen Pflanzen an. In diesem Umfeld verfasste Hildegard von
Bingen (1098 –1179) ihr medizinisches Lehrbuch "Die Ursachen und die Behandlung der
Krankheiten".
Aber auch außerhalb der Klöster lebten viele pflanzenkundige HeilerInnen, die mit Hilfe
von Blättern, Blüten, Wurzeln und Früchten kranken Menschen zu helfen versuchten. Ihnen
wurde ihr Wissen und Engagement jedoch mitunter zum Verhängnis: Da ja vermeintlich nur die
gelehrten christlichen Mönche, die hinter dicken Klostermauern forschten, die "Wahrheit"
kennen konnten, wurden diese "Heilkundigen" und "weisen Frauen" nur allzu oft als "Hexen"
diffamiert und der Inquisition und somit dem Scheiterhaufen übergeben.
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